Die Betroffenheit über die katastrophalen Folgen des Atomunfalls in
Japan reichte bei CDU und SPD gerade so weit, das Mitgefühl für die
Opfer des Unglücks auszudrücken, den Ausstieg aus der Atomenergie
forcieren zu wollen und DEW21 aufzufordern, den Anteil der erneuerbaren
Energien am Strommix von DEW 21 deutlich zu steigern.
Konkrete
Festlegungen für eine Energiewende jenseits des kleinsten gemeinsamen
Nenners wurden jedoch in der letzten Ratssitzung von den großen
Fraktionen abgelehnt. So wurden noch nicht einmal Zielwerte für den
Ausbau der Eigenproduktion erneuerbarer Energie für DEW 21 akzeptiert,
die den Vorgaben der Bundesregierung entsprechen. Noch viel weniger sind
CDU und SPD bereit, den Einfluss des RWE-Konzerns auf die
Unternehmenspolitik von DEW 21 durch eine Rekommunalisierung der
Stromversorgung langfristig zu kappen.
Wirklich beschämend ist
darüber hinaus, dass die Ratsmehrheit es ablehnt, die Dortmunder
Aufsichtsratsmitglieder von RWE aufzufordern, sich für eine Abschaltung
der Atomkraftwerke Emsland und Gundremmigen einzusetzen. Das macht
einmal mehr deutlich, dass insbesondere die SPD den RWE und damit der
Atomlobby treu verbunden bleibt. Da lässt sie sich auch nicht durch die
Aussagen ihres Bundestagsabgeordneten Marco Bülow irritieren, der es für
richtig hält, dass die DEW vollständig in den Besitz der Stadt Dortmund
kommen.
Es muss ein breites Bündnis für eine Wende in der
Energiepolitik geben, zu der auch die Kommunen ihren Anteil beitragen
müssen. Es hilft nichts, wenn Oberbürgermeister Sierau davon spricht,
schon seit dreißig Jahren gegen Atompolitik zu protestieren. Wir
erwarten, dass er im Aufsichtsrat von RWE den Worten Taten folgen lässt
und gegebenenfalls bereit ist, sich mit seinen Genossen in Dortmund
anzulegen. Der Energieriese RWE betreibt fünf der 17 Atomkraftwerke in
Deutschland und will weitere AKWs im Ausland bauen und betreiben. DEW
beziehen ihren Strom überwiegend von RWE, wodurch 15 % des DEW-Stroms
Atomstrom ist. Wer eine ökologische Energieversorgung will, muss die
Stromehe RWE/DSW 21 zum 31.12.2014 beenden.
Schon jetzt muss der
Anteil des Stroms aus regenerativen Energien deutlich gesteigert
werden. DEW 21 muss offenlegen, welche Ziele bis wann erreicht werden
sollen. Der Run auf Ökostromanbieter, die keine Anteile am Atomstrom
haben, ist groß. Wir fordern die Dortmunder und Dortmunderinnen auf,
sich für Ökostrom von DEW 21 einzusetzen, der diesen Namen verdient.
Ansonsten gibt es Anbieter, die garantieren können, dass sie keinen
Strom kaufen, der in Atommeilern produziert wird.
Reaktionen
Energiepolitik : Ökostrom - Grüne fordern Bürger zum DEW-Ausstieg auf
Dortmund, 15.04.2011, Gerald Nill, Westfälische Rundschau
Dortmund. Die Grünen und ein Klimaschutz-Bündnis machen ernst:
Ausstieg aus der Atomkraft, Trennung der DEW vom Mutterkonzern RWE,
forcierter Ausbau der regenerativen Energie in der Region. So lauten die
Forderungen. Weil die schwarz-rote Ratsmehrheit den Druck nicht
aufbaue, sollen die Kunden entscheiden, DEW den Rücken kehren und zu
Ökostrom-Anbietern wechseln.
„RWE ist ein Klotz am Bein der DEW",
sagt Fraktionsvorsitzender Mario Krüger. Und CDU und SPD hingen mit an
dem Klotz. Die beiden Fraktionen im Dortmunder Rat könnten sich nicht
einmal nach Fukushima gegen Atomstrom positionieren, kritisieren die
Grünen, Akoplan, der Bund für Umwelt und Naturschutz sowie die
Schutzgemeinschaft Fluglärm. Die SPD habe auch dafür gesorgt, dass bei
der Menschenkette nach dem Gau von Fukushima RWE nicht erwähnt werden
durfte. Bloß dem Konzern nicht weh tun. Dabei habe sich der RWE-Chef mit
seiner Klage gegen das AKW-Memorandum bundesweit ins Abseits gestellt.
"Beschämend"
„Wirklich
beschämend ist darüber hinaus, dass die Ratsmehrheit es ablehnt, die
Dortmunder Aufsichtsratsmitglieder von RWE aufzufordern, sich für eine
Abschaltung der Atomkraftwerke Emsland und Grundremmingen einzusetzen",
finden die Grünen. Auch OB Ullrich Sierau müsse seinen Worten Taten
folgen lassen, wenn er tatsächlich Gegner der Atomkraft sei. RWE
betreibe fünf der 17 deutschen Atomkraftwerke. Und Tochter DEW beziehe
einen Großteil ihres Stroms von RWE.
„DEW hat kaum eigene
Kraftwerke", erklärt Krüger. Es müsse noch viel mehr in regenerative
Energie investiert werden und auch beim Zukauf auf ökologische Belange
geachtet werden. Auch hier übe RWE unheilsamen Druck auf DEW aus, das
sei bekannt.
Von RWE trennen
Die Grünen und das
Bündnis „DEW kommunal" erinnern die SPD an ihren Beschluss von 2009. Da
habe der Unterbezirk für eine Rekommunalisierung der DEW gestimmt, wenn
der Vertrag 2014 auslaufe. Tatsächlich werde diese Chance aber
ausgesessen. Erster Schritt müsse sein, dass ein neutraler Gutachter den
Wert von DEW ermittele.
Solange die Ratsmehrheit eine
ökologische Ausrichtung der DEW blockiere, rufen die Umweltschützer
aktiv zu einer Abkehr von DEW auf. Der Grüne Strom von DEW (15 000
Kunden) sei nur virtuell grün. Das Bündnis bewirbt offensiv Lichtblick,
Greenpeace Energy, Elektrizitätswerke Schönau und Naturstrom AG.
Energiepolitik : Der lange Schatten
Dortmund vom 15.04.2011, Kommentar von GerALD Nill, Westfälische Rundschau
Dortmund.
Detmold macht es vor. Und auch in der Großstadt München läuft es:
Ausstieg aus der Atomkraft und Einstieg in erneuerbare Energien zur
Versorgung aller privaten Haushalte.
In Dortmund hingegen hat der
Rat sich zuletzt für den Bau eines Kohlekraftwerkes und auch nicht
gegen die Atomkraft positioniert.
Die Mehrheit des Rates ist im
Hinblick auf die Energieversorgung rückwärts gerichtet oder sie hat
überhaupt keine Meinung. Beispiel Neubaugebiete Hohenbuschei oder
Phoenixsee. Hier hätten innovative Energieversorgungskonzepte
verpflichtend vorgeschrieben sein können. Waren sie aber nicht. Und so
ist eine weitere Chance zur Energiewende und damit zum Klimaschutz für
1000 Wohneinheiten vertan worden.
„Man hat immer das Gefühl, es
sitzt ein unsichtbarer Dritter mit am Tisch", sagen die Grünen, wenn es
um Energiepolitik geht. Der unsichtbare Dritte ist die übermächtige RWE,
deren langer Schatten tief in den Rat der Stadt und in die Spitze des
SPD-Unterbezirks reicht. Da muss man sich nicht wundern, dass die Hand,
die einen füttert, nicht gebissen wird.
Wenn das Aktionsbündnis
Energiewende jetzt zur Kündigung der DEW aufruft, trifft es leider genau
die Falschen. DEW-Chef Dr. Brinkmann hat von Anfang an auf einen neuen
Kurs geschwenkt, Windkraft vorangetrieben und erstmals der Konzernmutter
Paroli geboten. Er muss gestärkt werden.
Forderung an DEW21: Breites Bündnis will den Atomausstieg
Ruhrnachrichten vom 15.04.2011, Gaby Kolle
Dortmund: Die Grünen, das Dortmunder „Bündnis DEW kommunal" und der
Bund für Naturschutz (BUND) forcieren nach dem Atomunfall in Fukushima
die Klimawende von unten. Sie rufen die Dortmunder auf, vom lokalen
Energieversorger DEW zu einem reinen Ökostrom-Anbieter zu wechseln.
Der
Druck der Verbraucher soll DEW21 dazu bewegen, mehr Strom als bisher
aus regenerativen Energien (langfristig bis zu 100 Prozent) zu beziehen
und schneller aus der Atomenergie auszusteigen. Gleichzeitig will das
Bündnis den Einfluss des Stromriesen RWE, der 47 Prozent an DEW hält
(der Rest gehört DSW21), zurückdrängen.
Kommunale Einflussnahme auf Strommix gefordert
Bekanntlich läuft der Gesellschaftervertrag 2014 aus. Die Stadtwerke, so fordert der grüne Ratsfraktionschef Mario Krüger, sollen dann auch die RWE-Anteile an DEW übernehmen. „Wir wollen eine stärkere kommunale Einflussnahme auf Strommix und Preisgestaltung von DEW21", erläutert Heiko Holtgrave vom Bündnis DEW kommunal.
Bei der Energiewende sei RWE als Atomstrom-Produzent „ein Klotz am Bein", so Thomas Quittek vom BUND. Er zitiert den Regionalrat, der feststellt dass der Regierungsbezirk Arnsberg über das grundsätzliche Potential verfüge, seinen regionalen Strombedarf zu 100% aus erneuerbaren Energien zu decken.
SPD sei Atomlobby treu verbunden
Die Atomgegner kritisieren, dass SPD und CDU im Rat trotz Fukushima und 25 Jahren Tschernobyl nicht bereit waren, konkrete Festlegungen für eine Energiewende zu treffen. Die SPD sei RWE und damit der Atomlobby treu verbunden. Krüger: „Es wurden noch nicht einmal Zielwerte für den Ausbau der Eigenproduktion erneuerbarer Energie für DEW21 akzeptiert, die den Vorgaben der Bundesregierung entsprechen."
DEW bezieht bisher nur 29 Prozent aus Natur-, z.T. grün gewaschenen
Strom. Insgesamt nur fünf Prozent des in Dortmund verteilten Stroms
kommt aus erneuerbaren Energien. Und nur 100 der 15 000
Ökostrom-Haushalte beziehen den reinen Natur-DEW-Strom „prima Klima",
der aus Solarenergie von Schuldächern stammt. „Wenn DEW-Naturstrom -
dann diesen", fordert Quittek. Ansonsten seien Naturstromanbieter
„durchaus günstiger als die klassischen DEW-Tarife" wirbt Holtgrave für
den Umstieg.
Aufruf zum Anbieter Wechsel
Ursula Wirtz, Frontfrau der Schutzgemeinschaft Fluglärm, unterstützt den Aufruf zum Anbieter-Wechsel - allerdings in erster Linie aus Ärger über die Quersubventionierung des Flughafens durch DSW. Knapp 20 Millionen Euro an Zuschüssen sind es allein für 2010.
Aufsichtsratsmandate bei DEW21 und DSW21: Dr. Hetmeier fordert Rücktritt von Aufsichtsrat Krüger (Grüne):
Offener Brief Frau Dr. Hetmeier vom 20.04.2011
SPD-Ratsfrau
Dr. Marita Hetmeier fordert den Vorsitzenden der grünen Ratsfraktion
Mario Krüger auf, von seinen Ämtern als Aufsichtsrat beim kommunalen
Energieversorger DEW21 und bei den Stadtwerken DSW21 zurückzutreten.
Krüger
und die Grünen hatten die unternehmensrechtlichen Beteiligungen des
Dortmunder Energieversorgers am Atomstromanbieter RWE kritisiert und den
Dortmunder Kunden einen Wechsel zu sog. ökologischen Anbietern
nahegelegt. SPD-Frau Dr. Hetmeier, ebenfalls Mitglied im Aufsichtsrat
von DSW21, hält dies für einen groben Verstoß gegen Treuepflichten von
Aufsichtsratsmitgliedern, der nicht ohne Folgen bleiben dürfe. Dr.
Hetmeier: „Ich habe kein Problem damit, wenn Herr Krüger seinen Strom
aus Gewissengründen lieber bei einem Öko-Anbieter und nicht bei DEW21
bezieht. Aber es kann nicht hingenommen werden, dass Krüger bei DEW21
und DSW21 fette Aufsichtsratsbezüge kassiert, um dann auf Kosten seiner
Sponsoren für die Konkurrenz Reklame zu machen."
Wenn Herr Krüger
ein Problem mit den kommunalen Unternehmen DSW21 und DEW21 habe, müsse
er die Konsequenzen ziehen und könne nicht in leitender Funktion in
diesen Unternehmen tätig sein. „Als Aufsichtsrat hat Herr Krüger die
Aufgabe, zum Wohle des Unternehmens zu wirken. Das setzt eine gewisse
Bereitschaft zur Identifikation mit dem Unternehmen voraus.
Boykottaufrufe und Werbung für die Konkurrenz sind damit nicht
vereinbar," äußert Ratsfrau Dr. Hetmeier ihr Unverständnis.
Die
Kritik an den unternehmensrechtlichen Beteiligungen der Dortmunder
Stadtwerke bei RWE hält Ratsfrau Dr. Hetmeier für verfehlt: „Wir sind
nicht am Gängelband von RWE. Herr Krüger hat nicht verstanden, dass
unsere Anteile an RWE Macht bedeuten, die man auch einsetzen kann, um
den Ausstieg aus der Atomenergie bei RWE zu beschleunigen." Wer seinen
Strom ökologisch bewusst beziehen wolle, sei im Übrigen mit DEW21 sehr
gut bedient: „Mit den Tarifen `Unser Strom grün´ und ´Ökostrom DEW21´
hält die DEW21 sowohl für Privathaushalte aus auch für gewerbliche
Kunden sehr interessante Angebote vor. Vor allem mit dem Strom aus
Dortmunder Deponiegasanlagen bietet DEW21 nachhaltig produzierten Strom
aus heimischen Quellen zu erstklassigen Konditionen an. Ökostrom ist bei
DEW21 in besten Händen", wirbt Dr. Hetmeier für den Dortmunder
Energieversorger.
Antwort auf die Rücktrittsforderung von SPD-Frau Dr. Hetmeier
Dortmund,
20.04.2011: Die Rücktrittsforderung von Frau Dr. Hetmeier entbehrt
jeder sachlichen Grundlage. Wenn schon Sommer wäre, dann wäre es ein
Sommerloch-Thema.
Ingrid Reuter, Fraktionssprecherin der
GRÜNEN: "Mario Krüger hat gemeinsam mit den Vertretern der
Umweltverbände und des Bündnisses „DEW 21 kommunal" deutlich gemacht,
wohin aus GRÜNER Sicht die Unternehmenspolitik der DEW in den kommenden
Jahren führen muss, damit das Unternehmen zukunftsfähig ist. Er hat dies
in seiner Funktion als einer der Sprecher der Fraktion der GRÜNEN
getan, die sich selbstverständlich für die DEW mitverantwortlich fühlen
und deshalb Mitglied im Bündnis für die Rekommunalisierung der DEW sind.
Wir sind gespannt, ob Frau Dr. Hetmeier auch den
Oberbürgermeister zum Rücktritt im Aufsichtsrat der RWE auffordert, wenn
er dort als erklärter Atomkraftgegner hoffentlich die
Unternehmenspolitik des Vorstandes massiv angreift."
Mario
Krüger, Fraktionssprecher der GRÜNEN: „Frau Dr. Hetmeier hat ein
merkwürdiges Verständnis von den Treuepflichten gegenüber der DEW, wenn
sie der Auffassung ist, dass ein Aufsichtsrat anscheinend willfährig die
Unternehmenspolitik mittragen muss. Meine Auffassung ist das nicht.
Ich
habe keine Probleme mit den kommunalen Unternehmen DSW21 und DEW 21. Im
Gegenteil: Ich will, dass sie erfolgreich und gleichzeitig ökologisch
arbeiten. Die Ambitionen, die erneuerbaren Energien im Portfolio der DEW
auszubauen, begrüße ich. Wobei allerdings auch festzuhalten ist, dass
die bisherigen vom Aufsichtsrat beschlossenen Zielvorgaben, die
regenerative Energiererzeugungskapazität der DEW21 bis 2020 auf 25
Prozent zu erhöhen, weit hinter den Beschlüssen der schwarz-gelben
Bundesregierung aus September des letzten Jahres zurückbleiben,
geschweige denn die Beschlüsse der SPD im Bund mit 45 Prozent erfüllen.
Gleichzeitig
beziehen die DEW21 ihren Strom zu rund 50 Prozent von den RWE und
verkaufen damit auch Atomstrom. Die Rekommunalisierung der DEW21 halten
wir GRÜNE deshalb für eine vorausschauende und zukunftsorientierte
Politik.
Auch die SPD hat einen entsprechenden
Parteitagsbeschluss gefasst. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass die SPD
trotzdem nicht aktiv an einem Ausstieg der RWE aus den DEW arbeitet. Im
Gegenteil - unser Antrag in der letzten Ratssitzung ist von der SPD
abgelehnt worden. Vor diesem Hintergrund kann ich alle diejenigen
verstehen, die zu einem reinem Ökostromanbieter wechseln, um den Druck
auf die DEW zu erhöhen und die Dortmunder Politik zu einem wirklichen
Wechsel der Unternehmensstrategie und einer Rekommunalisierung zu
bewegen.
Ich bin davon überzeugt, dass letztlich nur solche
Stadtwerke erfolgreich sein werden, die schnell und konsequent auf
erneuerbare Energie umsteigen. Hierfür setze ich mich ein und in diesem
Sinne unterstütze ich die DEW21- Geschäftsführung. Eine Energie- und
Unternehmenspolitik a la Hetmeier und Co. ist dagegen weder
zukunftsfähig, noch wird sie den Interessen der DEW21-Bechäftigten
gerecht.
Was Frau Dr. Hetmeier mit ihren angeblich „fetten"
Aufsichtsratsbezügen macht, entzieht sich meiner Kenntnis. Ich für
meinen Teil behalte davon nur einen geringen Betrag, der zur Deckung
meiner Kosten notwendig ist. Ich kann ihr das gerne in der nächsten
Sitzung des Aufsichtsrates erläutern."