Mario Krüger MdL

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05.05.2012: Flughafen ohne Zukunft

Giftliste für den Flughafen
WAZ Dortmund vom 02.05.2012, Michael Kohlstadt

Sparpläne werden konkreter. Für neue EU-Hilfen sollen ganze Bereiche ausgegliedert werden

Der defizitäre Flughafen Dortmund macht sich fit für Verhandlungen mit der EU: Um von Umstrukturierungsbeihilfen aus Brüssel zu profitieren, stehen mehrere Abteilungen auf der Abschussliste - mit rund 100 Mitarbeitern. Zudem droht ein Notlagentarif.

Der Flughafen und seine Muttergesellschaft, die Dortmunder Stadtwerke (DSW21), bereiten sich weiter auf die Verhandlungen mit der Europäischen Union (EU) vor, um in Brüssel so genannte Umstrukturierungsbeihilfen für den dauerdefizitären Airports anzapfen zu können.

Um die Wettbewerbshüter gnädig zu stimmen, hat sich jetzt ein Kreis von Flughafen- und DSW-Leuten auf eine „Liste der Grausamkeiten" mit einschneidenden Maßnahmen verständigt. Grundlage dieser Liste ist ganz offensichtlich ein Gutachten, das bereits im vergangen Jahr im Auftrag der Stadtwerke auf der Suche nach Einsparpotenzial am Dortmund Airport fündig wurde. Nun konkretisiert sich das Vorhaben.

Demnach sollen wichtige Bereiche am Flughafen privatisiert und ausgeschrieben werden - betroffen wären etwa ein Drittel der gut 300 Beschäftigten.

320 Mio. € Defizit sind genug20 Mio. Euro Verlust

Wie berichtet, waren die Stadtwerke im Januar bei der Brüsseler EU-Kommission vorstellig geworden. Sie hatten dafür geworben, die EU möge ihre Prüfverfahren gegen den Flughafen wegen möglicher Wettbewerbsverstöße einstellen. Umgekehrt werde man daran arbeiten, den Flughafen, der pro Jahr rund 20 Mio Euro Verlust macht, im Sinne der EU wirtschaftlicher zu betreiben. Und zwar so, dass am Ende des Prozesses ein EU-Betriebsergebnis herauskommt, das mindestens ausgeglichen ist.

• Ganz oben auf der Giftliste steht der eher kleine Cargo-Bereich mit 15 Mitarbeitern. Er soll notfalls komplett aufgegeben werden.
• Auch der Bereich Passage/Gepäckermittlung mit 29 Mitarbeitern steht zur Disposition. Auf Verlangen der EU ist man bereit, den gesamten Bereich auszuschreiben und an private Interessenten zu übergeben, wo vermutlich niedrigere Löhne gezahlt werden.
• Auch die Gepäckabfertigung mit 23 Mitarbeitern soll an private Dienstleister vergeben werden.
• Treffen kann es auch jene gut 50 Beschäftigten in der Verwaltung: Sie könnten, so die Überlegung, zu den Stadtwerken wechseln und dort als Dienstleister für den Flughafen tätig werden, dem die erbrachten Leistungen anschließend in Rechnung gestellt werden - zu geringeren Kosten als bislang.
• Sollte das alles nicht reichen, soll am Airport auf einen Notlagentarif umgeschaltet werden, der im Kern aus einer Stunde Mehrarbeit pro Woche besteht.

Unter dem Strich will man mit der „Giftliste" pro Jahr rund zwei Mio Euro sparen, um das Flughafen-Ergebnis den Anforderungen der EU gerecht zu machen. Ob sich Brüssel im Gegenzug einverstanden erklärt, ihre Verfahren wegen möglicher Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht einstellt und die Verlustübernahme durch die Stadtwerke auch die nächsten Jahre absegnet: All das ist offen. Einen Gesprächstermin in Brüssel gibt es nicht. Ein anderes Szenario haben die Akteure übrigens verworfen: die Schließung des Flughafens.



Schluss mit lustig
Kommentar von Michael Kohlstadt, WAZ vom 02.05.2012

Privatisierung? Notlagentarifvertrag? Komplettaufgabe des Frachtbereichs? Ganz neu ist die "Liste der Grausamkeiten" nicht. Schon länger tragen sich Stadtwerke und Flughafenleitung mit entsprechenden Überlegungen. Nach einem Bericht unserer Zeitung mussten beide im Dezember die Existenz eines Papiers einräumen, in dem es um die "langfristige Rechtssicherheit für den Airport" ging.

Jetzt wird deutlich: Langfristig ist am Flughafen vor allem die Unsicherheit. Wie es mit städtischen Schuldenstartbahn in Wickede weitergeht, steht weiterhin in den Sternen. Umständlich will man in Brüssel nun um Geld nachsuchen. Der Airport gerät darüber unter Rechtfertigungsdruck. Denn diesmal sollen die Beschäftigten die Zeche zahlen. Gehaltseinbußen, Versetzungen -all das scheint auf einmal vorstellbar. Die vermeintliche Rolle des Flughafens als Jobmotor mus wohl neu geschrieben werden.



Ein Flughafen ohne Zukunft?
Kommentar von Gregor Beushausen, Westfälische Rundschau vom 05.05.2012

Quo vadis, Dortmund Airport? Die Grünen als entschiedene Gegner des Flughafens wittern bereits Morgenluft und drängen, schon mal Szenarien für einen Rückbau und Perpesktiven für die Beschäftigten zu entwickeln. Unterdessen bereitet sich das Lager der Flughafen-Befürworter auf die schwierigen Vrhandlungen mit der EU vor und das mit dem unbestimmten Gefühl, nicht zu wissen, was die Brüsseler WettbewerbshüterDortmund eigentlich abverlangen.

Drei Beschwerden liegen gegen den Airport vor, darunter eine des Nachbarflughafens Paderborn/Lippstadt. Im Kern monieren die Kläger, die Crew in Wickede verstoße gegen den Wettbewerb, weil der Flughafen erstens Förderprogramme für Airlines aqus staatlichen Mitteln bezahlt habe. Und weil zweitens sein Defizit, rund 20 Mio. Euro pro Jahr, mehr oder weniger bei seinem Eigentümer abladen könne, den Stadtqwerken. Das sei eine staatliche Unterstützung, auf die anderen Flughäfen nicht zurückgreifen könnten, deshalb verstoße Dortmund gegen das Wettbewerbsrecht.

Monent, halten die Befürworter dagegen. Erstens seien die Gewinne der Stadtwerke keine "staatliche Gelder". Zweitens mache der Flughafen so hohe Verluste, weil er bestimmte Aufgaben wie Feuerwehr oder Sicherheitsdienste, die eigentlich "hoheitliche Tätigkeiten" seien und deshalb nicht nicht dem Flughafenergebnis zugerechnet werden dürften.