Mario Krüger MdL

Sprecher für Kommunalpolitik,
Beteiligungen und Haushaltskontrolle

Plus Minus Normal Invert

10.01.2014: Dortmunder Schulsozialarbeit. Und wie geht es weiter?

21. März 2013: Demonstratition vor dem Dortmunder Rathaus. Foto: radio91.2, DortmundUnbestritten sind der hohe Nutzen und die große Nachhaltigkeit der Schulsozialarbeit. Insoweit sind alle Anstrengungen zu begrüßen, die eine weitere Finanzierung dieser unverzichtbaren wichtigen Hilfestellung für mehr Bildungsteilhabe und Chancengerechtigkeit sicherstellen.

Die Dortmunder FDP/Bürgerliste thematisiert, dass die Schulsozialarbeit Aufgabe des Landes ist und leitet daraus die Forderung ab, dass auch die auslaufende Finanzierung zu übernehmen sei.  Das ist falsch. Denn damit verschweigt sie, dass die Grundlage der Finanzierung der Schulsozialarbeit  ein Urteil des  Bundesverfassungsgerichts zur nicht bedarfsgerechten Ermittlung der Hilfeleistungen für Kinder in Hartz IV- Haushalten war. Statt die Regelsätze für Kinder zu erhöhen, hatte sich die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung u.a. für die Finanzierung der Schulsozialarbeit entschieden. 

Die Bundesmittel im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepakets waren und sind deshalb keine Wohltaten, sondern die politische Schlussfolgerung des Verfassungsgerichtsurteils, das die Hartz IV-Sätze für Kinder als zu gering gewertet hatte. Daher ist der Bund auch weiterhin verpflichtet, diese Leistungen vorzuhalten, solange sich an diesem Missstand nichts ändert!

Fakt ist aber auch, dass Dortmund die bisher zur Verfügung gestellten Mittel des Bundes nicht komplett oder nicht komplett zweckgemäß verausgabt hat. Nach Zahlen des NRW-Sozialministeriums hat Dortmund in den Haushaltsjahren 2011 bis 2013 insgesamt 15,909 Mio. € für die Schulsozialarbeit erhalten. Daraus erfolgten Mittelabflüsse i. H. von 9,257 Mio. € (siehe auch nachfolgende pdf-Datei). Mit den Restmitteln aus den Jahren 2011 bis 2013 in einer Höhe von ca. 6,652 Mio. € wäre eine Fortführung der Schulsozialarbeit bis Mitte 2015 möglich gewesen.

Gleichzeitig hat die rot-grüne Landesregierung mehrfach die Kommunen darauf hingewiesen, dass die Bundesmittel des Bildungs- und Teilhabepakets einschließlich der Schulsozialarbeit  nur zweckgebunden eingesetzt werden dürfen (siehe auch nachfolgenden Erlass).

Wie ist Dortmund mit den Zuweisungen umgegangen?

Statt über Rückstellungen die nicht verausgabten Mittel auf die kommenden Haushaltsjahre zu übertragen, wurden Gelder des Bildungs- und Teilhabepakets (ohne die Mittel für die Schulsozialarbeit) nachweislich zur Deckung anderer Haushaltslücken eingesetzt. So beschlossen vom damaligen Landesbeauftragten Harald Heinze auf Empfehlung der Kämmerei im Sommer 2012 (siehe beiliegende Vorlage). Bezeichnend hierbei ist: In der damaligen, von Stadtdirektor Jörg Stüdemann und Oberbürger Ulrich Sierau unterzeichneten Vorlage wurde nicht ausgeführt, dass die nicht verausgabten Bundesmittel des Bildungs- und Teilhabegesetzes einer Zweckbindung unterliegen (siehe auch nachfolgende Arbeitshilfe des NRW-Sozialministeriums) und daher nicht anderweitig verwandt werden dürfen.

Wenn heute von der Stadtspitze ausgeführt wird, dass die Restmittel für die Schulsozialarbeit nur noch bis Mitte dieses Jahres ausreichen, dann ist zu vermuten, dass auch diese Mittel zum Stopfen von Haushaltslöchern zweckentfremdet worden sind.

Was heißt das für Dortmund?

Es besteht die Gefahr, dass die nicht zweckgemäß verausgabten Bundesmittel des Bildungs- und Teilhabegesetzes zurückgezahlt werden müssen. Erste Prüfungen durch die Bezirksregierungen sind bereits angelaufen.

Resümee:
Das Geld, das Dortmund für die Finanzierung der Schulsozialarbeit bekommen hat, muss auch komplett für die Schulsozialarbeit eingesetzt werden. Anscheinend ist das – wie auch in anderen Städten - nicht der Fall gewesen. Die Forderung kann deshalb nur lauten: Die anders verausgabten Gelder müssen zurück in den Topf der Schulsozialarbeit. Damit wäre nicht nur eine Finanzierung der Schulsozialarbeit  in Dortmund bis Mitte 2015 gesichert.  Das wäre auch ehrlich gegenüber den  Protesten der betroffenen Eltern, SchülerInnen sowie der SchulsozialarbeiterInnen.


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Geld falsch ausgegeben? Grünen Landtagsabgeordneter Mario Krüger zur Schulsozialarbeit

Ruhrnachrichten vom 11.01.2014, Gaby Kolle

Hat die Stadt Mittel für die Schulsozialarbeit zweckentfremdet, um Löcher im Haushalt zu stopfen? Zugleich weist er Vorwürfe an das Land zurück, weil es die Kosten für die Schulsozialarbeit nicht übernehmen will.

Dortmund habe in den vergangenen Jahren 15,9 Millionen Euro für Schulsozialarbeit erhalten, aber nur knapp 9,3 Millionen dafür ausgegeben, rechnet Krüger vor. Nun bestehe sogar die Gefahr, dass die nicht zweckgemäß ausgegebenen Bundesmittel des Bildungs- und Teilhabepakets zurückgezahlt werden müssen. Erste Prüfungen durch die Bezirksregierungen seien angelaufen, erklärt Krüger. Das für andere Zwecke ausgegebene Geld des Bundes müsse nun zurück in den Topf der Schulsozialarbeit. „Damit wäre eine Finanzierung der Schulsozialarbeit in Dortmund bis Mitte 2015 gesichert“, meint der Grünen-Abgeordnete.

Er weist auch die Vorwürfe der FDP/Bürgerliste zurück, die die Schulsozialarbeit als Aufgabe des Landes sieht. Die Bundesmittel des Bildungs-und Teilhabepaketes gingen auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zurück, das die Hartz-IV-Sätze für Kinder als zu gering gewertet hatte.

Statt die Regelsätze für Kinder zu erhöhen, hätte sich die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung unteren anderem für die Finanzierung der Schulsozialarbeit entschieden. „Daher ist der Bund auch weiterhin verpflichtet, diese Leistungen vorzuhalten, solange sich an diesem Missstand nichts ändert“, argumentiert Mario Krüger.


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Schulsozialarbeit: „Freibrief der Stadt für Landesregierung“
Kritik von FDP/Bürgerliste und Grünen
Ruhrnachrichten vom 10.01.2014, Gaby Kolle

Nach der Absage der Landesregierung, die zusätzliche Schulsozialarbeit auf Dauer finanziell zu sichern, fallen die politischen Reaktionen unterschiedlich aus. Während die Ratsfraktion FDP/Bürgerliste der Stadtspitze vorwirft, die Landesregierung frühzeitig aus ihrer Verantwortung gelassen zu haben, sehen die Grünen die Schwachstelle in Berlin in der Großen Koalition aus CDU und SPD.

Laut FDP/Bürgerliste handelt es sich bei der Schulsozialarbeit „um eine Gemeinschaftsarbeit aller politischen Ebenen, die nicht einseitig zulasten der Kommunen erfolgen darf“. Fraktionsvize Thomas Reinbold (Bürgerliste) gibt der Verwaltung Mitschuld an der Absage des Landes. Es verwundere nicht, dass sich das Land seinen Pflichten entziehe, nachdem Schuldezernentin Waltraud Bonekamp Anfang vergangenes Jahres kritiklos akzeptiert habe, dass mangels leerer Kassen keine Hilfe aus Düsseldorf zu erwarten sei, und Oberbürger Ullrich Sierau eine dauerhafte Absicherung notfalls auch aus der Mitte des Rates für denkbar halte.

„Land ist zuständig“

„Dabei verkennt die Landesregierung allerdings, dass sie für die Schulpolitik in NRW zuständig ist. Es wird Zeit, sie mit allem Nachdruck an diese Aufgabe erinnern“, fordert Reinbold.

Seit der Bund die Finanzierung von Sozialarbeitern an Schulen Ende 2013 eingestellt hat, finanziert die Stadt insgesamt 81 der rund 150 Sozialarbeiterstellen übergangsweise bis zum Ende des laufenden Jahres aus Restmitteln des Bildungs- und Teilhabepaketes. Da nun auch das Land mitgeteilt habe, eine Finanzierung nicht zu übernehmen zu wollen, droht Dortmund, bei der Schulsozialarbeit allein auf sich gestellt zu sein.

Unverzichtbar geworden

Sowohl für FDP/Bürgerliste als auch für die Grünen ist klar, dass die 81 Schulsozialarbeiter weiter gebraucht. Ihre Arbeit sei zu einer unverzichtbaren Unterstützung geworden und eine wichtige Hilfestellung zu besserer Bildungsteilhalbe und Chancengerechtigkeit, so der grüne Fraktionssprecher Ulrich Langhorst.

Jetzt räche sich, dass die neue Bundesregierung aus CDU und SPD im Koalitionsvertrag nichts zur weiteren Finanzierung der Schulsozialarbeit beschlossen habe. Langhorst: „Damit lässt sie die Städte, vor allem die die Schüler, die Schulen und die betroffenen Sozialarbeiter im Stich.“



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Schulsozialarbeit wieder vor dem Aus bedroht, Minister schreibt an Oberbürgermeister
Ruhrnachrichten vom 09.01.2014, Gaby Kolle

Sozialminister Guntram Schneider, Foto: MAIS NRWDie Zukunft der 81 Schulsozialarbeiter ist weiter ungewiss. Wie aus einem Schreiben von NRW-Sozialminister Guntram Schneider (SPD) an die Stadt hervorgeht, wird das Land die Weiterfinanzierung des Projekts nicht übernehmen, will dafür aber die Städte und Kreise in die Pflicht nehmen.

Wie berichtet, hatte der Bund 2011 im Zuge der Hartz-IV-Reform befristet auf drei Jahre rund fünf Millionen Euro für zusätzliche Sozialarbeit in Dortmund zur Verfügung gestellt. Daraufhin hatte die Stadt mit freien Träger 81 Schulsozialarbeiter eingestellt. Sie bekamen befristete Arbeitsverträge.

Bundesratsinitiative

Bis zum Ende des Schuljahres 2013/2014 hatte die Stadt eine Brückenlösung gefunden, nachdem der Bund die Finanzierung nur bis Ende 2013 zugesagt hatte und auch nicht nachträglich ausweiten wollte. Minister Schneider hatte noch eine Bundesratsinitiative zur Entfristung der Verträge gestartet. Aber ohne Erfolg.

In seinem Schreiben an Oberbürgermeister Ullrich Sierau fordert Schneider die Kommunen „nachdrücklich“ dazu auf, die „notwendigen“ Schritte zur Weiterfinanzierung der Schulsozialarbeit einzuleiten.

Schneider hat dazu unter anderem vorgeschlagen, die Restmittel des Geldes zu nutzen, das der Bund für das Bildungs- und Teilhabepaket (etwa für warme Mittagessen und den Mitgliedsbeitrag in einem Sportverein) seit 2011 zur Verfügung gestellt. Darauf ist die Stadt schon früher gekommen. Sie finanziert damit die Brückenlösung bis zum Sommer.

Aus der Mitte des Rates

„Wir werden auch weiterhin alles tun, damit die Schulsozialarbeit fortgesetzt werden kann“, erklärte gestern Stadtsprecherin Anke Widow auf Nachfrage. Schulsozialarbeit sei wichtig.

Oberbürgermeister Ullrich Sierau hatte im vergangenen Mai erklärt, sollten Finanzierungszusagen auf Landes- und Bundesebene scheitern, sei auch eine Initiative „aus der Mitte des Rates“ denkbar, um die Schulsozialarbeit auf Dauer zu sichern.