In den kommenden Wochen werden sich unsere Ratsfrauen und Ratsherren mit einem 1235 Seiten starken Haushaltsentwurf intensiv beschäftigen müssen. Das Haushaltsdefizit liegt diesmal bei rund 78,4 Mio. Euro. Man kann sicher davon ausgehen, dass erneut das Wehklagen über eine unzureichende Finanzausstattung durch Bund/Land einsetzen wird. Und auch die eigenen Sparanstrengungen werden lautstark betont werden. Aber was soll den defizitären Haushalt langfristig retten?
Die Ideen reichen von der Schließung des Cafés Berta, einer niedrig- schwelligen Einrichtung für alkoholkranke Menschen, über den Abbau von kommunalen Ausbildungsplätzen, bis hin zu einer 20 %-igen Grundsteuer-Anhebung. Man kann sicher sein, dass die Ratsmehrheit von SPD und CDU zufrieden sein wird, wenn es gelingt, die 5%-Schwelle des Eigenkapitalverzehrs zu unterschreiten. Denn nur dann wird die Bezirksregierung Arnsberg ihr o.k. für einen genehmigungsfähigen Haushalt signalisieren. Ungeachtet dessen, dass diese Form der Haushaltskonsolidierung vor allem auf Kosten der Menschen geht, die Unterstützung am Nötigsten haben.
Die Dortmunder Statistik zeigt, dass von 2006 bis 2014 die Schulden - ohne das Minus der städtischen Töchter und Eigenbetriebe mit einzurechnen - von 1,54 auf 2,23 Mrd. Euro angestiegen sind. Der Dispositionskredit der Stadt Dortmund, die so genannten Kassenkredite, hat die schwindelerregende Höhe von 1,463 Mrd. Euro erreicht. Die kommende Jahre verheißen nichts Gutes, der Schuldenberg wird bis Ende 2018 auf rund 2,4 Mrd. Euro anwachsen.
Haushaltsloch: Wie konnte es
so weit kommen?
Die Antworten von SPD und CDU, von
Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) und Kämmerer Jörg Stüdemann
(SPD) lauten unisono: „Bund und Land übertragen uns zu viele
Aufgaben, ohne die Kosten zu übernehmen.“ Unbestritten ist an
dieser Kritik etwas dran. Allerdings ist es nur die halbe Wahrheit.
Der Bund kündigte eine Entlastung der Kommunen von insgesamt 5 Mrd. Euro an. Allein über die anteilige Kostenübernahme für die Eingliederung von Behinderten fliessen rund 37,5 Mio. Euro nach Dortmund.
Das Ergebnis der Verhandlungen von
SPD/CDU wird bis 2018 umgesetzt. Aber gibt es auch eine stärkere
Beteiligung an den Unterkunftskosten der Harz-IV-Empfänger?
Fehlanzeige! Weder dieser Vorschlag wurde von der „GroKo“
vereinbart, noch ein kommunaler Entschuldungsfond aus Bundesmittel
zur Rettung der Kommunen beschlossen. Gibt es Antwort aus Berlin zu
der Frage, wie es mit dem Soli-Ost weitergehen soll und ob der
Solidaritätsbeitrag nach Himmelsrichtung oder nach Bedürftigkeit
verteilt werden soll? Nein, wieder Fehlanzeige!
Ohne Zweifel
war die Episode der schwarz-gelben Landesregierung 2005 bis 2010
durch einen Raubzug an den kommunalen Kassen gekennzeichnet. Mehrere
Milliarden Euro wurden den Kommunen durch
diverse Maßnahmen vorenthalten oder sogar auf die Städte und
Gemeinden zusätzlich abgewälzt.
Ein Blick in die Haushaltspläne macht deutlich, wie stark Dortmund von Landesmitteln abhängt. Rund 25 % der Haushalts-Einnahmen stammen aus Mitteln des Gemeindefinanzierungsgesetzes. Dortmund ist in Nordrhein-Westfalen der größte Nutznießer: Allein für 2015 sind 541 Mio. € eingeplant - Hintergrund ist die Verpflichtung des Landes, steuerschwache Gemeinden zu unterstützen.
Das rot-grüne Landesregierung in NRW unterstützt die Kommunen
Die
rot-grüne Landesregierung ist im Juli 2010 mit dem Versprechen
angetreten, sich um die kommunalen Finanzen zu kümmern. Als Erstes
wurden die früheren schwarz-gelben Befrachtungen aus dem
Gemeindefinanzierungsgesetz herausgenommen und die Grunderwerbssteuer
wieder einbezogen. Dadurch
können rund 1,8 Mrd. Euro von 2010 bis 2015 den Kommunen zusätzlich
zur Verfügung gestellt werden. Dortmund profitiert mit 116,5 Mio.
Euro von diesen Verbesserungen.
Über den Bundesrat sorgte
Rot-Grün durch den Hartz-IV-Kompromisses dafür, dass der Bund in
Zukunft die Kosten zur Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung finanziert. Diese Haushaltsposten hatten die
kommunalen Haushalte in der Vergangenheit ebenfalls deutlich
belasten. Dadurch ergibt sich für Dortmund von 2015 bis 2018 eine
Kostenentlastung von rund 348 Mio. Euro, allein im Jahr 2015 floss
eine Summe von 77,3 Mio. Euro in die westliche Ruhrgebietsstadt.
Trotz eigener angespannter Haushaltslage auf Landesebene profitierten die NRW-Kommunen unter anderem von diesen Landesmaßnahmen:
Dennoch sind
die politisch Verantwortlichen von SPD und CDU in Dortmund
aufgefordert, weitere sinnvolle Sparmaßnahmen anzugehen, damit ein
Schuldenabbau aus eigener Kraft gelingen kann. Essen, Herne, Duisburg
oder Gelsenkirchen haben es vorgemacht: Durch Kooperationen mit
anderen Kommunen, durch die Prüfung vorgehaltener Standards, durch
den Verzicht auf teure Prestigeobjekte, durch einen forcierten
Personalabbau und durch höhere Gewinnabschöpfung aus kommunalen
Beteiligungen konnten erhebliche Einsparungen und der Rückgang
weiterer Verschuldung erzielt werden.
In Dortmund wird
stattdessen weiter über die Ungerechtigkeiten von Land und Bund
lamentiert, statt zu hinterfragen, ob jede*r Dezernent*in ein eigenes
Dienstfahrzeug mit Fahrer*in braucht, ob das privat organisierte
Festival RuhrHOCHdeutsch mit jährlich 120.000 € unterstützt
werden muss. Die Stuttgarter Entsorgungsbetriebe entlohnen ihren
Geschäftsführer mit 140.000 Euro. In Dortmund leistet man sich
denselben Posten bei der Entsorgungsgesellschaft EDG mit einer
Dotierung von 800.000 Euro Jahresgehalt. Es ist also Zeit, sich
einmal die grundsätzliche Frage zu stellen, ob nicht die bisher
übliche Dortmunder „Pöstchenpolitik“ entsorgt werden muss.