Mario Krüger MdL

Sprecher für Kommunalpolitik,
Beteiligungen und Haushaltskontrolle

Plus Minus Normal Invert

25.11.2015: Wie ist die finanzielle Belastung der Stadt Dortmund durch die Flüchtlinge?

Bild von Flüchtlinge am Dortmunder Hauptbahnhof

In Dortmund wird die Frage diskutiert, ob sich die Kommune zurecht vom Land NRW im Stich gelassen fühlt. Dies behauptet zumindest die zuständige CDU-Dezernentin Diane Jägers. Kämmerer Jörg Stüdemann (SPD) spricht von "explodierenden Ausgaben" für die Flüchtlinge. Frau Jägers erwartet bis zum Jahresende 5.500 kommunal zugewiesene plus 2.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sowie 155.000 Flüchtlinge, die über die Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) kommen. Ohne Zweifel ein großer Kraftakt. 

Wird Dortmund dadurch überfordert? 

Seit Anfang September erreichen pro Woche mehr als 10.000 Asylsuchende NRW. Bis Mitte Oktober 2015 wurden in NRW insgesamt 201.864 Flüchtlinge aufgenommen, so der Innenminister. Rund 30% wurden in andere Bundesländer weitergeleitet. Bis Jahresende werden ca. 240.000 Flüchtlinge erwartet, von denen 170.000 in NRW bleiben.

Ausbau der Landeseinrichtungen

Die ankommenden Flüchtlinge verbleiben max. 3 Monate in Landeseinrichtungen, wo sie registriert, ärztlich untersucht, geimpft und erstmalig beim „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ (BAMF) zur Einleitung des Asylverfahrens vorgestellt werden.

Hierfür werden vom Land 5 EAEs, 21 zentrale Unterbringungseinrichtungen und 222 Notunterkünfte vorgehalten (Stand: 15.10.2015). Die Verweilzeiten belaufen sich im Regelfall auf 2 Tage in den EAEs bzw. 14 Tage in Notunterkünften. Dann erfolgt die Überweisung in kommunale Einrichtungen nach einem festen Verteilungsschlüssel. Zurzeit werden 71.000 Plätze in Landeseinrichtungen vorgehalten, vor drei Jahren waren es nur 1.800.

Was macht eigentlich das BAMF?

Das „Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ ist für das eigentliche Asylverfahren verantwortlich. 2014 wurden bei 203.000 Asylanträgen nur 129.000 Bescheide erteilt. Unter Einbeziehung von Altfällen hat sich ein unerledigter Aktenberg von 169.000 Fällen zum Jahresbeginn aufgetürmt. Und dieser Berg wächst weiter. Hintergrund ist die unzureichende Anzahl an sogenannten „Entscheider“ im BAMF. 500 Mitarbeiter standen 2014 als Entscheider zur Verfügung, in 2015 sind dies 600.

Dennoch sind die zustände dramatisch. Drei bis z.T. neun Monaten Wartezeit für einen ersten Termin beim BAMF sind die Folge, erst danach beginnt das eigentlichen Asylverfahren. 

Durch das Nadelöhr BAMF bedingt müssen Asylsuchende unverhältnismäßig lange in den Einrichtungen bleiben; in Notunterkünften z.T. bis zu drei Monaten. Integrationsmaßnahmen dürfen nicht frühzeitig eingeleitet werden, denn der Flüchtlingsstatus ist ungeklärt.

Und wer bezahlt das alles?

Bild von Flüchtlingen, die im Dietrich Keuning Haus Dortmund mit Essen versorgt werden

Ist der Bleibestatus geklärt erhalten Flüchtlinge Bundesleistungen nach dem Sozialgesetzbuch, z.B. Arbeitslosengeld II. Den Kommunen bleiben die Kosten der Unterkunft. Wird nur eine vorübergehende Duldung ausgesprochen, werden kommunale Zuwendungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt. Solange die Flüchtlinge im Verfahren sind gilt das Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG). Bisher hat NRW nur einen kleinen Anteil der FlüAG-Aufwendungen übernommen. Bochum nennt für 2013 Kosten von 5,89 Mio. €, demgegenüber steht nur eine 26 %-ige Erstattung bzw. 1,53 Mio. € Landesgelder. Für Dortmund liegen keine Zahlen vor.

Zurecht haben die Kommunen eine stärkere Landesbeteiligung gefordert. Dem ist die rot-grüne Landesregierung gefolgt. 2014 wurden 91 Mio. € für die Flüchtlingsunterbringung bereitgestellt, in 2015 waren dies bereits 810 Mio. € und für 2016 sind 1,975 Mrd. € geplant. Gleichzeitig werden größere Mittel z.B. für zusätzliche Stellen in Schulen, in den Bezirksregierungen und den Verwaltungsgerichten ausgewiesen.
 Doch was genau heißt das für den Dortmunder Haushalt 2016?

Unter der Voraussetzung von landesweit 250.000 aufzunehmenden Flüchtlingen - bundesweit somit 1,5 Mio. - muss 2016 Dortmund rund 7.650 Menschen aufnehmen. Die Flüchtlinge in den EAEs werden mit dem Faktor 1,3 und die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge mit dem Faktor 1 angerechnet und vom Land komplett finanziert. Wird diese Zahl mit rund 3.000 Personen angesetzt verbleiben für Dortmund rund 4.650 unterzubringende Flüchtlinge. Bei durchschnittlichen Kosten von 14.500 € je Person (Zahlen für Dortmund liegen nicht vor) erhält Dortmund 2016 über die FlüAG-Pauschale 76,4 Mio. € bzw. 16.430 € je Flüchtling. Das ist dem derzeitigen Abrechnungsschlüssel (90% nach Einwohnerzahl plus 10% nach Gebietsgröße) geschuldet.

2017 wird sich das ändern. Dann erfolgt eine monatsscharfe Abrechnung und zwar über den Schlüssel „Anzahl der tatsächlich kommunal aufgenommenen Flüchtlinge“. Die vom Land heute schon komplett finanzierten Landeseinrichtungen und die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge bleiben dann - zurecht - unberücksichtigt.