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18.07.2011: Ein Handy, ein Fahrrad, der Oberbürgermeister und die Polizei. Das kann nicht gutgehen

Dortmunder OB Sierau legt sich mit Polizisten an
Westfälische Rundschau vom 18.07.2011, Peter Ring

Dortmund: Niemand wird gerne bei einer Verkehrssünde ertappt. Doch als Polizisten den Dortmunder OB Sierau mit Handy am Ohr auf dem Fahrrad erwischten, hat dieser überreagiert. Ob es nichts Wichtigeres in Dortmund zu tun gebe, schimpfte er. Jetzt entschuldigt der OB sich.

Oberbürgermeister Ullrich Sierau wurde von der Polizei beim Radfahren mit Handy am Ohr erwischt. Obwohl die Beamten ein Auge zudrückten und nur eine Verwarnung aussprachen, gerät Sierau nun doch in den Blick der Öffentlichkeit und die Kritik. Weil er die Arbeit der Polizisten in Frage stellte, wurde der Vorfall aktenkundig.

Ullrich Sierau auf dem Fahrrad (Foto: Ruhrnachrichten)Es war der 28. Juni, kurz vor 21 Uhr, Märkische Straße. Der OB war „früh auf dem Weg nach Hause“, hatte einen „stressigen Tag“ hinter sich und jede Menge Arbeit vor der Brust. Er habe noch auf einen Anruf in Sachen DFB-Fußballmuseum gewartet. Der Gesprächspartner erwischte ihn kalt - auf dem Rad. „Das Handy hatte schon länger geklingelt, ja, ich bin dran gegangen und nicht sofort abgestiegen“, gibt Sierau zu. Plötzlich habe ein Streifenwagen den Weg blockiert. „Ich dachte nur: Welche Bank hast du denn überfallen?“

Damals „kam mir der Mensch durch“

Er wisse, dass es „nicht in Ordnung ist, auf dem Rad zu telefonieren“, so Sierau. Die Verwarnung der Polizisten sei völlig berechtigt gewesen. Obwohl er ihnen gesagt hätte, er sei der Oberbürgermeister, habe er damit „keine Extrawurst“ haben wollen, „ich wollte keine mildernden Umstände“. Sierau telefonierte weiter. Die Polizei wartete.

Dann habe er „den Fehler gemacht“, die Beamten noch mal anzusprechen. Er hätte doch niemanden gefährdet, so Sierau. Und: Ob es nichts Wichtigeres in Dortmund zu tun gebe? - habe er gefragt. Und angedeutet, er werde beizeiten mit dem Polizeipräsidenten über Schwerpunkteinsätze sprechen... Heute tue ihm das Leid. Aber damals „kam bei mir der Mensch durch“.





Verkehrsverstoß: Wütender Oberbürgermeister stauchte Polizisten zusammen
Ruhrnachrichten vom 16.07.2011, Gaby Kolle

Es war gegen 20.45 Uhr am 28. Juni. Zwei Polizeibeamte im Streifenwagen beobachteten einen Radfahrer, der mit Handy telefonierend auf der Ruhrallee stadtauswärts radelte. Sie ahnten nicht, wen sie da wegen des Verkehrsverstoßes anhielten, wurden aber von dem aufgebrachten, weizenblonden Mann schnell aufgeklärt – mit einer deutlichen Ansage: „Ich bin der Oberbürgermeister von Dortmund und führe ein dienstliches Gespräch.“

Streifenwagen folgte dem Oberbürgermeister

Die Beamten waren Ullrich Sierau gefolgt, als er telefonierend in Richtung Märkische Straße fuhr. In Höhe des Hansmann-Hauses hielten sie ihn an, kamen aber gar nicht dazu, ihm zu erklären, warum. Er wusste es offenbar. Und kam – verbal – richtig in Fahrt. Die Ordnungshüter erklärten ihm den Verstoß nach Paragraph 23, Absatz 1a der Straßenverkehrsordnung, verzichteten aber – vermutlich beeindruckt auf ein Verwarngeld von 15 bis 20 Euro und beließen es bei einer mündlichen Ermahnung.

Polizei bestätigt RN-Informationen

Sierau telefonierte derweil im Stehen weiter, ging aber nach Gesprächsende noch einmal zum Streifenwagen und kündigte den Beamten an, er werde sich beim Polizeipräsidenten beschweren. Es sei eine „Unverschämtheit“, ihn beim Radfahren zu kontrollieren, während es in der Nordstadt für die Polizei genug zu tun gebe, schimpfte der OB nach RN-Informationen.

Diesen Sachverhalt bestätigte Polizeisprecher Wolfgang Wieland auf Anfrage. Auch Oberbürgermeister Ullrich Sierau räumt den Vorfall ein. Er wisse natürlich, dass man beim Radfahren nicht telefonieren dürfe. Und es tue ihm auch Leid. Er sei nach einem ziemlich harten Arbeitstag „ein bisschen unwirsch“ geworden. Dass das Wort „Unverschämtheit“ von ihm gefallen sein soll, daran könne er sich allerdings nicht erinnern.

Dringendes dienstliches Telefonat

Die Polizei habe den Streifenwagen quer auf den Radweg gestellt, um ihn anzuhalten. „Das fand ich ein bisschen befremdlich“, so der OB, der sich an Filme erinnert fühlte, „in denen Bankräuber gejagt werden“. Es habe sich um ein dringendes dienstliches Telefongespräch gehandelt.

Ans Absteigen hat Sierau wohl nicht gedacht – er, der als Vorzeige-Radfahrer Wahlkampf machte und im Verwaltungsvorstand gern darauf drängt, mobile Kontrollen gegen Rotlichtsünder unter den Fahrradfahrern einzuführen.

"Ich habe keine Extrawurst erwartet"

Die Beamten hätten ihren Job korrekt gemacht, stellt Sierau im Nachhinein fest: „Ich habe keine Extrawurst erwartet, nur die Situation zu erklären versucht.“ Die Polizisten könnten schließlich nichts für ihre Einsatzpläne. Er habe ihnen angekündigt, „bei Gelegenheit“ mit dem Polizeipräsidenten darüber zu sprechen, „was eigentlich wichtig ist in dieser Stadt “, so Sierau. Und: „Das hätte ich vielleicht sein lassen sollen.“




Handy-Affäre: Sierau entschuldigt sich bei Polizisten und spendet Geld
Ruhrnachrichten vom 21.07.2011

DORTMUND: In der Affäre um das Handy-Telefonat beim Fahrradfahren und seine wütende Reaktion gegenüber der Polizei hat sich Oberbürgermeister Ullrich Sierau am Mittwoch persönlich bei den Beamten entschuldigt. Außerdem spendet er Geld an die Verkehrswacht.

Das erklärte der Oberbürgermeister in einer Aktualisierung seiner persönlichen Stellungnahme im Internet. "Es war ein angenehmes Gespräch, in dem wir die Situation gemeinsam noch einmal aufgearbeitet haben. Dabei haben die Beamten durchaus Verständnis für meine Situation gezeigt", so Sierau.

Spende für die Verkehrswacht

Er werde die Polizisten im Herbst bei einer Spätschicht begleiten und die Verkehrswacht mit einer Spende unterstützen, kündigte der Oberbürgermeister an.

Sierau war von einer Polizeistreife angehalten worden, weil er während des Fahrradfahrens mit dem Handy telefonierte. Das ist, wie beim Autofahren, verboten. Allerdings hatte sich der Oberbürgermeister wenig einsichtig gezeigt, auf ein wichtiges Dienstgespräch verwiesen und die Polizisten zusammengestaucht. Er werde sich beim Polizeipräsidenten beschweren. Schließlich sei für die Polizei in der Nordstadt genug zu tun.

Die Berichterstattung der Ruhr Nachrichten über den Vorfall hatte große Resonanz bei den Bürgern, in den Medien und der Politik ausgelöst.

Sieraus persönliche Erklärung im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren, am 28. Juni 2011 wurde ich gegen 20.45 Uhr von der Polizei im Bereich der Ruhrallee / Märkische Straße von der Polizei wegen Telefonierens während des Fahrradfahrens angehalten und mit einer mündlichen Verwarnung belegt. Dieser Vorfall ereignete sich am Vorabend der Jury-Entscheidung über das DFB-Fußballmuseum und der Anruf stand ebenfalls mit dieser, für unsere Stadt sehr wichtigen Entscheidung im Zusammenhang. Es trifft zu, dass ich auf die Ansprache der Polizeibeamten recht unwirsch reagiert habe. Mir ist vollkommen klar, dass ich zu Recht verwarnt wurde und dass ich mich gegenüber den Polizisten unglücklich verhalten habe. Dieses Verhalten tut mir sehr leid. Deshalb habe ich mich am 20. Juli 2011 bei einem Gespräch im Polizeipräsidium persönlich bei der Beamtin und dem Beamten entschuldigt. Es war ein sehr angenehmes Gespräch, in dem wir die Situation gemeinsam noch einmal aufgearbeitet haben. Dabei haben die Polizisten durchaus auch Verständnis für meine Situation gezeigt. Damit ich die Arbeit der Polizei einmal hautnah kennen lernen kann, haben wir uns verabredet, an einem Freitag im September oder Oktober gemeinsam eine Spätschicht zu fahren. Dafür muss jetzt im Dienstplan ein geeigneter Termin gefunden werden. Da die Polizei den Vorgang abgeschlossen hat und nachträglich kein Bußgeld mehr erheben wird, werde ich mit einer Spende die Arbeit der Verkehrswacht unterstützen. Ullrich Sierau