Mario Krüger MdL

Sprecher für Kommunalpolitik,
Beteiligungen und Haushaltskontrolle

Plus Minus Normal Invert

17.06.2010: Masterplan Wirtschaftsflächen: Wirtschaftsförderung wittert schwarz-rote Morgenluft

Nachdem es in den letzten fünf Jahren gelungen ist, die Flächenansprüche für Gewerbeflächen im Freiraum zurückzuschrauben und insbesondere die ökologisch wertvolle Fläche Groppenbruch als Naturraum zu erhalten, startet der oberste Wirtschaftsförderer einen neuen Versuch, dem vermeintlich drohenden Flächenengpass vorzubeugen. Diesmal kann er sich der Sympathien von CDU und SPD gewiss sein, die noch immer nicht begriffen haben, dass die Ressource Boden nicht vermehrbar ist und die Flächeninanspruchnahme dringend reduziert werden muss, wie es ausgerechnet Umweltminister Uhlenberg im letzten Jahr offensiv gefordert hat.

Nach unserer Auffassung soll sich die Wirtschaftsförderung in Gestalt von Herrn Mager um die Aktivierung der Flächen kümmern, die ausreichend Ansiedlungspotenzial und - möglichkeiten bieten. Für uns hat die Nutzung und Revitalisierung alter Brachflächen absoluten Vorrang vor der Neuausweisung von Flächen. Dass jetzt auch noch zusätzliche Flächen nördlich des Flughafens und in Lütgendortmund ausgewiesen werden sollen, führt zu einem völlig überdimensionierten Flächenangebot.

Mit den geplanten Neuausweisungen beweist Udo Mager, dass er an einen Erfolg der Beteiligung der Stadt an der New-Park-Fläche überhaupt nicht glaubt. Diese geplanten neuen städtischen Flächen stehen in unmittelbarer Konkurrenz zu den Gewerbeflächen in Datteln. Regionale Kooperation, die den ruinösen Wettbewerb der Stadt verhindern soll, wird von dem obersten Wirtschaftsförderer ins Gegenteil verkehrt. Weitere Flächenneuausweisungen sind zu vermeiden und Flächen wie den Buddenacker und Groppenbruch, deren ökologisches Potenzial außer Frage steht, sind für die Zukunft erhalten.

Wir erwarten, dass der neu gewählte Oberbürgermeister Ullrich Sierau, der sich nach eigenem Bekunden die nachhaltige Stadtentwicklung auf die Fahne geschrieben hat, die Bremse zieht und der Wirtschaftsförderung Einhalt gebietet. Als Verfechter der Metropole Ruhr müsste er sich vorrangig für eine regionale Kooperation einsetzen, die die weitere Inanspruchnahme wertvoller ökologischer Flächen überflüssig macht.

 

Hintergrund:
Die entsprechende Ratsvorlage erhalten Sie über den nachfolgenden Link einschl. der zugehörigen Anlagen

 

Bündnis 90/DIE GRÜNEN haben nachfolgenden Änderungsantrag für die Ratssitzung am 08.Juli 2010 eingebracht: 

Ratsantrag:

1. Die Ermittlung des zukünftigen Gewerbeflächenbedarfs in der Verwaltungsvorlage basiert im Unterschied zu wissenschaftlich fundierten Prognoseinstrumenten wie z. B. GIFPRO (Gewerbe- und Industrie-Flächen-Prognose) auf Nachfragen von Interessenten. Dies bedeutet, dass alleine eine theoretisch denkbare telefonische Anfrage eines Automobilherstellers nach diesem Verfahren ausreichen würde, um einen exorbitant hohen Nachfragebedarf zu begründen. Die tatsächliche Nachfrage nach gewerblich nutzbaren Flächen wird hierbei vollständig ausgeblendet. Dies führt zu dem Ergebnis, dass in der Verwaltungsvorlage die Nachfrage für GE-Flächen bei 30 ha pro Jahr und die Nachfrage für GI-Flächen auf 64 ha pro Jahr prognostiziert wird. Dieser prognostizierten Nachfrage von insgesamt 94 ha GE-/GI-Flächen pro Jahr steht eine tatsächliche Vermarktung an GE-/GI-Flächen in Höhe von 5,6 ha im Durchschnitt der letzten zehn Jahre gegenüber.

- Welche wissenschaftlich fundierte Methode zur Ermittlung des tatsächlichen Gewerbeflächenbedarfs liegt dem Masterplan Wirtschaftsflächen zu Grunde?
- Zu welchen Ergebnissen hinsichtlich des Bedarfs an Gewerbeflächen kommen andere wissenschaftlich fundierte Methoden?


2. In Abstimmung mit der Regionalplanungsbehörde ist derzeit für die Städte und Kreise in der Metropole Ruhr eine Gewerbeflächenbilanz in Arbeit. Die Ergebnisse für die einzelnen beteiligten Städte und Kreise werden für Ende dieses Jahres erwartet. Die Stadt Dortmund ist an diesem Prozess beteiligt.

- Mit welcher Begründung wird parallel zur gemeinsam mit der Regionalplanungsbehörde erarbeiteten Flächenbilanz an einem Masterplan Gewerbeflächen gearbeitet?
- Welche Begründung hat die Verwaltung, jetzt einen Masterplan Wirtschaftsflächen aufzustellen und zu verabschieden, ohne die dezidierten Ergebnisse der Gewerbeflächenbilanz für die Stadt Dortmund abzuwarten?
- Können zu diesem Prozess bereits Zwischenstände der Gewerbeflächenbilanz für die Stadt Dortmund dargestellt werden?


3. Mit welcher Begründung bleibt die Beteiligung der Stadt Dortmund in Höhe von 15 % an der newPark-Entwicklungsgesellschaft bei der Gewerbeflächenprognose unberücksichtigt? Verfolgt die Verwaltung die Absicht, überhaupt keine Ansiedlungen auf der newPark-Fläche vorzunehmen bzw. zu vermitteln?

-  Wie ist diese Vorgehensweise rechtlich zu beurteilen, u. a. bei erforderlichen Genehmigungsverfahren


4. Mit welcher Begründung bleiben "leer stehende Gewerbeimmobilien" oder auch Reserveflächen bei der Gewerbeflächenprognose unberücksichtigt? Entspricht diese Vorgehensweise den rechtlichen Anforderungen des Landesplanungsgesetzes und der neu eingeführten Verpflichtung für ein Siedlungsflächenmonitoring?


5. Es gibt fachliche Einschätzungen, die zu dem Ergebnis kommen, dass rund ein Drittel der Gewerbeflächen durch den Einzelhandel genutzt werden, der auch in den sog. Mischgebieten und den Zentren zulässig ist.

- Welche Maßnahmen will die Verwaltung ergreifen, um die Gewerbeflächen vor Ansiedlungen des Handels zu schützen und für den eigentlichen Zweck der Sicherung und Schaffung von Unternehmen und Arbeitsplätzen zu nutzen?


6. Im Bereich der geplanten Wirtschaftsflächen in Asseln-Süd/Osterschleppweg sind Teilbereiche als ökologische Ausgleichsfläche für den B-Plan Brackel 202-Steinbrinkstraße planerisch ausgewiesen worden. Diese Ausweisung müsste bei Inanspruchnahme als Wirtschaftsfläche wieder zurückgenommen werden und rechtlich betrachtet doppelt ausgeglichen werden (einerseits um den Ausgleich für den B-Plan wieder herzustellen und andererseits um den gesetzlichen Ausgleich für die neue Inanspruchnahme als Wirtschaftsfläche wieder zu erfüllen).

- Wie will die Verwaltung zukünftig noch glaubwürdig gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern argumentieren und Planungsrecht durchsetzen, wenn der Vertrauensschutz auf die Schaffung und den dauerhaften Erhalt von ökologischen Ausgleichsflächen durchbrochen wird?

- An welcher Stelle im Stadtgebiet soll nach Auffassung der Verwaltung der doppelt vorzunehmende ökologische Ausgleich für die Inanspruchnahme der Flächen in Asseln-Süd/Osterschleppweg durchgeführt werden?

- Welche Auswirkungen wird dies auf die Vermarktungsfähigkeit der zukünftigen Nutzungen haben?

- Bestehen seitens der Verwaltung konkrete Planungsabsichten sämtliche Flächen, die als ökologische Ausgleichsflächen ausgewiesen sind und im städtischen Eigentum stehen, einer "wirtschaftlichen Nutzung" zuzuführen?


Der Planungsausschuss und der Finanzausschuss empfehlen dem Rat, folgende Beschlüsse zu fassen:

Die Verwaltung wird beauftragt, die Ergebnisse der in Abstimmung mit der Regionalplanungsbehörde in Arbeit befindlichen dezidierten Gewerbeflächenbilanz für die Stadt Dortmund dem Rat der Stadt vorzulegen. Auf dieser Basis ist anschließend eine fundierte und sachgerechte Erstellung eines neuen Masterplans Wirtschaftsflächen abzuleiten.

Unabhängig davon verfolgt der Rat der Stadt Dortmund das Ziel, die Nachfrage nach Gewerbe- und Industrieflächen mit oberster Priorität auf gewerbliche Altstandorte und Brachflächen zu lenken. Für die Beseitigung von bestehenden Restriktionen und/oder die Aufbereitung derartiger Standorte sind die entsprechenden Förderangebote des Landes zu nutzen.

Vor diesem Hintergrund wird die Verwaltung beauftragt, dem Rat der Stadt für sämtliche Brachflächen im Stadtgebiet den planungsrechtlichen Sachstand, die erkennbaren Restriktionen sowie ein zielorientiertes Entwicklungsprogramm für diese Flächen vorzulegen. Die Inanspruchnahme von Freiraum für die Entwicklung von Wirtschaftsflächen ist auf das unverzichtbar notwendige Maß zu reduzieren. Insbesondere die Flächen Groppenbruch und die im geltenden Flächennutzungsplan der Stadt Dortmund als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesenen Flächen in Asseln-Süd stehen für eine Nutzung als Wirtschaftsflächen nicht zur Verfügung. Bei der Fläche Buddenacker bekräftigt der Rat der Stadt seine bisherige Beschlusslage.

Das Verfahren für die Aufstellung des Masterplans Wirtschaftsflächen wird bis zum Vorliegen der vorstehend genannten Punkte ausgesetzt.