Die rot-grüne Landesregierung hat den Bedarf an Straßen in NRW neu definiert und entsprechende Priorisierungen vorgenommen.
Positiv
ist dazu festzustellen, dass aus Sicht der Landesregierung nur die
Hälfte der Landesstraßenbauprojekte derzeit Sinn macht. Bedauerlich ist
aus Sicht der örtlichen Umweltverbände, der betroffenen Anwohner und der
Dortmunder GRÜNEN die Bewertung der Trassenführung der L663 bzw. der OW
III a nördlich von Asseln und Wickede.
Die Festsetzungen der Landesregierung bedeuten, dass der umstrittenen
Weiterbaus der OW III a fortgesetzt werden soll. Für den umstrittenen
westlichen Abschnitt nördlich der Ortsteile Asseln und Wickede soll ein
Linienbestimmungsverfahren eingeleitet werden, das dem Planverfahren
vorgeschaltet ist. Nach den bisherigen Zeitplanungen wird das
Linienbestimmungsverfahren für 2012 zu erwarten sein, das anschließende
Planfeststellungsverfahren wird voraussichtlich bis zum 2014 bzw. 2015
abgeschlossen werden.
Der Weiterbau in Richtung Unna mit
Anbindung an die BAB A40 wird nicht weiter verfolgt. Die Entscheidung,
auf die Anbindung in Unna zu verzichten ist im Wesentlichen auf den
Unnarer Widerstand zurückzuführen. In der Konsequenz wird mit dem Bau
des westlichen Abschnitts ein Torso geschaffen würde, der zu erheblichen
Probleme der Weiterführung der Verkehre beinhaltet.
Fatal
ist, dass die als Ortsumgehung deklarierte Schnellstraße im Falle des
Weiterbaus einen der wenigen noch existierenden großen zusammenhängenden
Freiräume unwiderruflich zerstören würde. Sie würde die
Naturschutzgebiete und Naherholungsgebiete Wickeder Ostholz mit seiner
Fauna und Flora zerschneiden und verlärmen. In unmittelbarer
Nachbarschaft hat sich zudem aus einem Bergsenkungsgebiet durch eine
offenbar funktionsuntüchtige Drainage ein Gewässer gebildet, das seitdem
zunehmend von Vögeln, Teichfröschen, Bergmolchen und Libellen genutzt
wird. In diesem Jahr konnten über 100 Vogelarten nachgewiesen werden,
von denen sich viele auf der Roten Liste befinden.
Wir werden
uns selbstverständlich gemeinsam mit den Naturschutzverbänden weiter
gegen den Bau der OW IIIa in diesem Bereich wehren. Es kann nicht sein,
dass ganze Stadtteile durch eine Straße beeinträchtigt werden, deren
verkehrspolitischer Nutzen umstritten ist. Wir werden versuchen, die
BefürworterInnen zu überzeugen, dass der Schaden dieses Projektes in
keinem Verhältnis zu dem Nutzen steht und hoffen, dass die Planungen der
Landesregierung langfristig an der Finanzierbarkeit scheitern.
Die
Planungen für die OW IIIa sind zwar nicht gestoppt, bis zu einem Bau
sind aber auch noch mehrere Zwischenentscheidungen notwendig. Wichtig
ist für die Gesamtdebatte auch: Mit der Abarbeitung der jetzigen
Prioritätensetzung wird das Land NRW die nächsten 10 Jahre beschäftigt
sein. Darüber hinaus haben allein die angemeldeten Planungen im Haushalt
des landeseigenen Betriebes Straßen.NRW ein Defizit von 51 Mio. Euro
verursacht. Dieser Planungswahnsinn hat nun ein Ende, so dass ab dem
Jahr 2013 der Straßenerhalt endlich vor dem Straßenneubau stehen kann.
Rot-Grün hat den Anfang für eine neue ehrliche Straßenbaupolitik
gemacht. Denn Straßenerhalt ist die günstigste Variante, sichere und
schnelle Mobilität auf der Straße sicher zu stellen.
Hintergrund:
Der Landesstraßenbedarfsplan
Das Land
Nordrhein-Westfalen stellt den Landesstraßenbedarfsplan für den Neu- und
Ausbau von Landesstraßen auf. Er enthält - unterteilt in die
Dringlichkeitsstufen 1 und 2 - die langfristigen Planungen für
Baumaßnahmen über 3 Millionen Euro Gesamtkosten. Die Vorhaben der Stufe 1
können planerisch bis zum Planfeststellungsbeschluss vorangebracht
werden, die der Stufe 2 lediglich bis zur Linienabstimmung.
Auf
der Grundlage des Landesstraßenbedarfsplans stellt das
Landesverkehrsministerium im Benehmen mit dem Verkehrsausschuss des
Landtages das mittelfristige Programm, den Landesstraßenausbauplan,
fest. Der Ausbauplan enthält diejenigen Maßnahmen der Stufe 1, die im
jeweiligen Programmzeitraum verwirklicht oder baulich begonnen werden
sollen (Stufe 1A). Dem Ausbauplan zugeordnet ist eine Planungsreserve
(1R), die eine ausreichende Flexibilität des Programms sicherstellen
soll.
Bei unvorhersehbarem Bedarf entscheidet das
Landesverkehrsministerium im Benehmen mit dem Verkehrsausschuss des
Landtages über Ausnahmen vom Landesstraßenbedarfs- und ausbauplan.
Hintergrund der Fortschreibung des Landesstraßenbedarfsplanes war
das der Bund massiv die Infrastrukturzahlungen zurückfährt und auch die
Haushaltslage des Landes sehr angespannt ist, unverantwortlich. Dies
sehen mittlerweile auch andere Bundesländer und auch das
Bundesverkehrsministerium so und fangen an ihre riesigen
Straßenplanungslisten auf ihren Realitätsgehalt hin zu überprüfen.
Auf
der Grundlage des "Gesetzes zur integrierten Gesamtverkehrsplanung" aus
dem Jahre 2000 wird zur Zeit ein Verkehrsinfrastrukturplan für NRW
aufgestellt, in dem Straße und Öffentlicher Personen-Nahverkehr
integriert betrachtet werden. Unter Berücksichtigung der Vorgaben dieses
Planes wird anschließend der Landesstraßenbedarfsplan fortgeschrieben.
In ihrer heutigen Pressekonferenz hat die rot-grüne
Landesregierung die weiteren Planungen bezüglich der
NRW-Straßenbauprojekte vorgestellt. Nachdem die Regierung Rüttgers das
Land mit unfinanzierbaren Infrastrukturplänen und ersten Spatenstichen
in Wahlkampfzeiten überzogen hatte, war eine neue Priorisierung dringend
nötig geworden.
Alleine die Kosten für die beauftragten aber
unnötigen und oftmals unrealistische Planungen gehen in die Millionen.
So hat der landeseigene Betrieb Straßen.NRW ein Defizit von ca. 51
Millionen Euro bei den Planungskosten entwickelt. Ein „weiter-so" wäre
in Zeiten, in denen der Bund massiv die Infrastrukturzahlungen
zurückfährt und auch die Haushaltslage des Landes sehr angespannt ist,
unverantwortlich. Dies sehen mittlerweile auch andere Bundesländer und
auch das Bundesverkehrsministerium so und fangen an ihre riesigen
Straßenplanungslisten auf ihren Realitätsgehalt hin zu überprüfen.
Die
Landtagsfraktion hat diesen Inventur-Prozess mit den Informationen von
Euch vor Ort intensiv begleitet und wir freuen uns, dass von den
ursprünglichen 297 Bauprojekten an Landes-, Bundesstraßen- und
Autobahnprojekten nun die unsinnigsten 104 (d.h. 35%) zurückgestellt
werden. Bei weiteren 50 Straßen werden wir nach Abschluss der
derzeitigen Planungsphase mit dem Koalitionspartner neu über deren
Priorität entscheiden.
Um die Größenordnung des Planungswahnsinns
der früheren Landesregierung deutlich zu machen: Selbst nach dieser
Generalinventur übersteigen die prognostizierten Baukosten die vorhanden
Mittel und binden Straßen.NRW im Wesentlichen für die nächsten zehn
Jahre. Nicht alles, was NRW nun planerisch weiterverfolgt und
weiterverfolgen muss, kann also letztlich in absehbarer Zeit gebaut
werden.
Rot-Grün hat sich jetzt beim Fernstraßenbau in
Nordrhein-Westfalen ehrlich gemacht. Für uns GRÜNE waren bei der
Priorisierung ökologische wie ökonomische Gesichtspunkte entscheidend.
Verkehrsprognosen, Lärmaspekte und die Anwohnerinteressen flossen ebenso
in das Verfahren ein. Ohne euer beharrliches in Frage stellen der
vielen zweifelhaften Straßenprojekten vor Ort und des außergewöhnlichen
Einsatzes unseres parlamentarischen Staatssekretärs Horst Becker hätte
es diese Verständigung nicht gegeben. Wir sind gemeinsam einer
bedarfsgerechten und ökologisch wie ökonomisch zukunftsfesten
Verkehrspolitik einen großen Schritt näher gekommen, auch wenn jeder
Prozess natürlich auch uns zu spürbaren Kompromissen zwingt.
Was
dies konkret für eure Projekte bedeutet, könnt ihr der im Anhang
befindlichen Vorlage der Landesregierung für den heutigen Ausschuss für
Bauen, Wohnen und Verkehr (ABWV) entnehmen. Ein kleiner Ausblick in die
Zukunft: Nachhaltige Straßen-Infrastrukturpolitik bedeutet für uns auch,
den Fokus vom Neubau auf den Straßenerhalt zu legen. Insbesondere die
letzten harten Winter haben die dringende Notwendigkeit von
umfangreichen Straßensanierungen offenkundig werden lassen. Dies ist
aber leider erst ab dem Jahr 2013 umfangreich möglich, weil aus der Zeit
des schwarz-gelben Planungswahnsinns zu viele Fakten in Form von
Baubeginnen und erteilten Planungsrechten geschaffen wurden. Die Pflege
der Straßensubstanz wurde in den letzten Jahren deutlich vernachlässigt,
dabei ist genau dieser Erhalt die günstigste Variante, sichere und
schnelle Mobilität auf der Straße sicherzustellen. In diesem Sinne
werden wir sukzessive freiwerdende Haushaltsmittel umschichten. Ein
Schritt, der uns in Expertenanhörungen mehrfach als sinnvoll und wichtig
bestätigt worden ist.