Mario Krüger MdL

Sprecher für Kommunalpolitik,
Beteiligungen und Haushaltskontrolle

Plus Minus Normal Invert

15.10.2011: Dortmund, Hagen und Wuppertal lehnen die Einführung des VRR-SozialTickets ab

OB Sierau lehnt VRR-Sozialticket ab - Dortmunder Variante günstiger
Westfälische Rundschau vom 06.09.2011, Gregor Beushausen

Schließt sich Dortmund am Sozialticket-Versuch des VRR an? Wohl eher nicht.

Bleibt's beim Dortmunder Sozialticket für 31,56 Euro oder schließt sich die Stadt dem VRR-Versuch an, ein Ticket für 29,90 Euro einzuführen? Wohl kaum - aus finanziellen Gründen. Dabei wäre der Vorteil für die Nutzer enorm.

Ende des Monats fallen die Würfel: Soll es beim „Dortmunder Sozialticket" für 31,56 Euro monatlich bleiben - oder schließt sich Dortmund dem Kreis jener Städte an, die das vom VRR beschlossene Sozialticket für 29,90 Euro einführen? Die Frage muss der Rat in seiner Sitzung am 29. September beantworten.

Geht es nach OB Ullrich Sierau, in Personalunion Aufsichtsratsvorsitzender der Dortmunder Stadtwerke (DSW21), klinkt sich Dortmund nicht in den zweijährigen Testlauf des VRR ein, sondern belässt es bei der jetzigen Regel. Der Grund ist finanzieller Natur: Die Stadt müsste wohl draufzahlen, wenn sie sich dem VRR-Versuch anschlösse. 7000 Dortmunder haben derzeit das Sozialticket für 31,56 Euro in der Tasche.

SozialTicketDa es sich um eine verbilligte Fahrkarte handelt (regulärer Preis: 38,37 Euro), zahlt die Stadt DSW einen Ausgleich von 50 000 Euro/Jahr. Dieser Defizitausgleich könnte sich im Falle des VRR-Sozialtickets auf bis zu „eine Million Euro" erhöhen, wie Sierau kritisiert. Selbst der VRR kalkuliere mit dieser Mehrbelastung für die Kommune. Zwar stelle das Land für die Jahre 2011 und 2012 insgesamt 15 Mio. Euro an Ausgleichszahlungen zur Verfügung. „Ob das aber reicht, ist fraglich", sagt Sozialdezernentin Birgit Zoerner. „Sauber rechnen lässt sich das noch nicht."


Das VRR-Sozialticket ist das Kind einer schwarz-grünen Mehrheit in der Verbandsversammlung. SPD-Fraktionschef Ernst Prüsse war gegen den Beschluss stets zu Felde gezogen. Sierau pflichtete ihm am Dienstag bei. Das sei ein „typisches Beispiel dafür, dass übergeordnete Gremien beschließen, das untere Ebenen bezahlen sollen." Er wundere sich, dass die CDU das mittrage, schließlich habe auch sie sich die Forderung nach dem „Konnexitätsprinzip" zu Eigen gemacht. Soll heißen: Wer die Musik bestellt, hat sie auch zu bezahlen.

Schlösse sich der Dortmunder Rat mit schwarz-grüner Mehrheit dem VRR-Ticket an, hätten bis zu 120.000 Bürger Anspruch auf die preiswerte ÖPNV-Karte. Auch Wohngeldempfänger könnten auf das Billig-Ticket zurückgreifen - was beim „Dortmunder Sozialticket" nicht der Fall ist. Das VRR-Ticket (es geht immer um die Preisstufe A) wäre mit 29,90 Euro um rund 1,60 Euro pro Monat billiger und brächte seinen Nutzern vor allem den Vorteil, dass sie vor 9 Uhr morgens in Busse und Bahnen der Stadtwerke einsteigen könnten - das „Dortmunder Sozialticket" hingegen erlaubt die Mitfahrt erst ab 9 Uhr. Bis 1. Oktober müssen die Städte dem VRR mitgeteilt haben, ob sie sich in den Versuch einklinken.

Zur Erinnerung: Die erste Variante des Dortmunder Sozialtickets vor Jahren kostete die Nutzer 15 Euro - und die Stadt innerhalb von zwei Jahren rund 12 Millionen Euro. Rund 22 000 Dortmunder waren damals mit der Billig-Fahrkarte unterwegs.




Sozialticket auf dem Abstellgleis - Mehrheit gegen Einführung in Wuppertal
Westdeutsche Zeitung vom 10.10.2011, Andreas Boller

Der Rat stimmte in seiner jüngsten Sitzung gegen das Sozialticket. Hauptargument: die drohenden Mehrkosten. Die Diskussion um das Sozialticket für den Nahverkehr geht weiter, die Einführung des Tickes bleibt in weiter Ferne.

Wuppertal. Der Rat der Stadt Wuppertal hat sich mehrheitlich gegen die Einführung eines Sozialtickets ausgesprochen. Ein von den Grünen vorgelegter Antrag, das Sozialticket im Rahmen eines Pilotprojektes zum nächst möglichen Zeitpunkt zum Preis von 29,90 Euro einzuführen, wurde gegen die Stimmen von Grünen und Linken mehrheitlich abgelehnt.

Grüne zweifeln die Höhe der Mehrkosten für die WSW an.

In einer hitzig geführten Debatte waren im Vorfeld der Abstimmung die bereits bekannten Argumente für und gegen die Einführung des Sozialtickets in Wuppertal ausgetauscht worden. Anja Liebert (Grüne) zweifelte in der Begründung des Antrags ihrer Partei daran, dass das Pilotprojekt für die Wuppertaler Stadtwerke (WSW) tatsächlich die prognostizierten Mehrkosten von 1,3 Millionen Euro verursachen werde. Sie verwies auf Erfahrungswerte zum Beispiel der Stadt Dortmund.

SPD und CDU hielten dagegen, dass die Berechnungen der Wuppertaler Stadtwerke fundiert seien und es daher keinerlei Veranlassung gebe, die genannten Zahlen anzuzweifeln. Außerdem sei noch nicht bekannt, welcher Verwaltungsaufwand erforderlich sei. Da die Berechtigung zum Erwerb des Sozialtickets bei jedem Kauf überprüft werden müsse, sei dies nicht ohne zusätzlichen Personalaufwand und Kosten machbar. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Berhard Simon wies auf eine Wuppertaler Besonderheit hin. So sei die Zahl der Abonnenten von Tickets für den Öffentlichen Nahverkehr überdurchschnittlich hoch. Dieser hohe Grad der „Sättigung" wirke sich bei einer Umwandlung regulärer WSW-Abos zum preisgünstigeren Sozialticket finanziell entsprechend ungünstig aus.

Stadtkämmerer verweist auf die leeren Kassen

Stadtkämmerer Johannes Slawig erklärte mit Blick auf die leeren Kassen der Stadt Wuppertal und das übergeordnete Ziel, bis 2016 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen: „Wer das Sozialticket bestellt, der muss es auch bezahlen." Slawigs Kritik richtet sich gegen die Minderheitsregierung von Rot-Grün im Landtag, die das Pilotprojekt mit dem Versprechen gestartet hatte, den beteiligten Kommunen würden keine Mehrkosten entstehen. Was Slawig bezweifelt. Befürworter hatte das Sozialticket auch in der VRR-Verbandsversammlung gefunden, wo sich eine Mehrheit von Schwarz-Grün für das Pilotprojekt ausgesprochen hatte.

 

                                                                                                                                  
Kommentar von Robert Maus: Schaden für die Politik
Westdeutsche Zeitung vom 11.10.2001

Über Sinn und Zweck des Sozialtickets lässt sich streiten. Auch darüber, ob die zu erwartenden Kosten von 1,3 Millionen Euro eingesetzt werden sollten, um armen Wuppertalern Mobilität zu ermöglichen. Indiskutabel ist jedoch, dass der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernhard Simon im Wuppertaler Stadtrat gegen die Einführung stimmt, während er zuvor im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr für die Einführung des Sozialtickets stimmte. Wenn es stimmt, dass Simon nur deswegen zugestimmt hat, damit er mit den Stimmen der Grünen, die das Sozialticket unterstützen, zum Vorsitzenden der VRR-Verbandsversammlung gewählt wurde, dann hat er der Politik schweren Schaden zugefügt.


                                                                                                                                

WAZ Hagen vom 06.10.2011, Martin Weiske

Ratssitzung in Hagen: Sozialticket erreicht nicht mal Pilotphase

Die sozialpolitischen Spielräume scheinen in Hagen endgültig ausgereizt: Der Rat konnte in seiner Sitzung am Donnerstag sich weder dazu durchringen, für eine Pilotphase das VRR-Sozialticket einzuführen, noch die Geschwisterkinder in Kindertagesstätten ebenfalls beitragsfrei zu belassen, sobald deren Brüder oder Schwestern in das gebührenbefreite letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung wechseln.

SozialTicket:Dortmund, Hagen, Mülheim sind nicht dabeiIn einer für Hagener Verhältnisse bemerkenswert tiefgründig geführten und von hoher Sachlichkeit geprägten Diskussion wurden die Argumente abgewogen, mit der Einführung des Sozialtickets für eine Pilotphase bis Ende 2012, finanzschwache Bürger durch die Chance zur Mobilität aus ihrer Isolation herauszuführen und besser am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. „Wir haben hier die Chance, ein Stück soziale Gerechtigkeit zu beweisen", warb Grünen-Sprecher Rüdiger Ludwig dafür, es auf einen zeitlich begrenzten Versuch ankommen zu lassen.

Gleichzeitig bezweifelte er, dass die von der Verwaltung hochgerechneten Mehrkosten von 500.000 Euro tatsächlich auflaufen würden. „Bei einem Kassenkredit von einer Milliarde Euro ist es unverantwortlich, weitere Mittel für soziale Wohltaten zu beschließen", warnte CDU-Fraktionschef Wolfgang Röspel vor neuen Experimenten. Und erhielt sogar Rückendeckung von seinem SPD-Pendant Mark Krippner: „Es ist nicht die Frage, ob wir uns das Sozialticket leisten wollen, sondern ob wir es können", sendete er das Signal nach Düsseldorf, dort auch die entstehenden Mehrkosten übernehmen zu müssen. Andernfalls sei die Stadt Hagen gezwungen, die Verluste durch weitere Netzausdünnungen zu kompensieren und somit die Situation für die heutigen Kunden der Straßenbahn AG weiter zu verschlechtern. Eine ablehnende Haltung, der sich in geheimer Abstimmung die Mehrheit des Rates (34:22) anschloss.