Mario Krüger MdL

Sprecher für Kommunalpolitik,
Beteiligungen und Haushaltskontrolle

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16.12.2014: Stärkungspakt: Verfassungsbeschwerde gegen Solidaritätsumlage


Insgesamt 72 nordrhein-westfälische Städte und Kommunen haben im Dezember 2014 Klage gegen das Stärkungspakt-Gesetz beim Verfassungsgerichtshof in Münster eingereicht. Der NRW-Landtag hatte mit der Novellierung des Gesetzes beschlossen, dass in Zukunft steuerstarke Kommunen einen Beitrag zur Finanzierung des Stärkungspaktes Stadtfinanzen leisten müssen. Die starken NRW-Kommunen zeigen mit dieser Umlage Solidarität mit den schwächeren Gemeinden. Rund 91 Mio. € werden sie über die Solidaritätsumlage an die ärmeren Kommunen abgegeben. Das schmeckt nicht allen Geberkommunen - einige entschieden daher, Verfassungsklage gegen die rot-grüne Gesetzesänderung einzureichen. Sie fühlen sich benachteiligt und in ihrer Finanzhoheit beschränkt. Doch scheint es den Klägern weniger um Gerechtigkeit, als um die Sicherung des eigenen Vorteils zu gehen.


An dem Stärkungspakt müssen sich die so genannten „abundanten Gemeinden“ beteiligen, die in den letzten Jahren aufgrund ihrer starken Steuerkraft und der guten Einahmesituation keine Schlüsselzuweisungen vom Land erhalten haben. Sie zahlen auf Grundlage des Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) insgesamt 115 Millionen Euro im Rahmen des Stärkungspaktes. An der Finanzierung müssen sich jedoch ausschliesslich die Kommunen beteiligen, die finanziell gut ausgestattet sind.

Einige der betroffenen Kommunen, wie zum Beispiel Düsseldorf und Mohnheim am Rhein, sehen in der Neuregelung einen Verstoß gegen ihre kommunale Finanzhoheit, die im Verfassungsrecht verankert ist. In der Beschwerde heisst es, dass den Kommunen durch die verpflichtende Beteiligung am Stärkungspakt unrechtmäßig bis zum Jahr 2022 mehr als 775,5 Mio. Euro verfassungswidrig entzogen werden.

Die Kläger sind zudem überzeugt, dass der Gesetzgeber auf Landesebene nicht die notwendige Gesetzgebungskompetenz für solche Entscheidungen hat. Daher werden sie parallel zu der vorliegenden Klage zusätzlich eine Bundesverfassungsbeschwerde erheben. Konkret kritisieren die Kläger, dass in der Berechnung der Solidaritätsumlage nicht die Belastung durch weitere Umlagen, wie die Kreis- oder die Jugendamtsumlage, berücksichtigt werden würde. Damit hätte die Landesregierung gegen das „Nivellierungs- bzw. Übernivellierungsverbot“ verstoßen. Darüber hinaus werde durch die Neuregelung das Übermaßverbot und das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung verletzt.

Die Kläger greifen mit dieser Argumentation nicht nur grundsätzlich die nachhaltige Abundanz an, sondern attackieren auch die Befreiung der abundanten Kommunen von Zahlungen. Das ist nicht nachvollziehbar, da die befreiten Kommunen aufgrund ihrer hohen Verschuldung Mittel aus dem Stärkungspakt erhalten. Diese Angriffe muss man als einen Akt der Entsolidarisierung bezeichnen.

Die Kläger glauben, dass die Abundanz-Umlagen nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch in anderen Bundesländer verfassungswidrig sind. Mit dieser Annahme liegen die Kommunen falsch und ignorieren, dass die jeweiligen Landesverfassungsgerichten längst bestätigt haben, dass im Zusammenhang der Solidaritätsumlage keine Verletzung der Verfassungsrechte vorliegt.

Insgesamt ist die Klage der Kommunen nicht ganz nachvollziehbar. Denn Tatsache ist, dass die Kommunen seit dem rot-grünen Regierungswechsel in Düsseldorf deutlich besser dastehen. Sie erhalten rund 8,4 Milliarden Euro mehr - die Mittelzuwendungen des Landes stiegen also noch einmal um rund 500 Millionen Euro an. Zudem werden die Kommunen nicht, wie unter der vergangenen CDU/FDP- Regierung, zur Konsolidierung des Landeshaushalts herangezogen. Und auch von dieser rot-grünen Neuerung profitieren die Städte: Durch die Beteiligung am Aufkommen an der Grunderwerbsteuer erhalten sie zusätzlich rund 300 Millionen Euro. Mit diesem Maßnahmenpaket hat die rot-grüne Landesregierung erfolgreich die Finanzsituation der NRW-Kommunen verbessert.

Mit einem Urteil des Landesverfassungsgerichts zu der Klage wird erst im Jahr 2016 gerechnet. Doch unabhängig davon, wie die Gerichte urteilen werden: Die klagenden Gemeinden haben sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde aus der Solidar-Gemeinschaft der Städte und Kommunen in Nordrhein-Westfalen verabschiedet. Politisch gesehen hinterlässt das einen unguten Beigeschmack.